Zwischenzeiten – nicht Fisch, nicht Fleisch.

Das Alte ist zuende. Abschied. Vielleicht Trauer, vielleicht auch Erleichterung – wahrscheinlich aber beides. Ja, im Rückblick ist das, was ich zurücklassen muss, doch gar nicht so schlimm, hatte auch seine guten Seiten. Und überhaupt: wer weiß, was kommt?

Das Neue ist noch nicht da – zeichnet sich vielleicht schon ab. Aber wie wird es werden? Wir haben Hoffnungen und Wünsche, aber auch Sorgen und Befürchtungen.

Und jetzt stehen wir dazwischen: Können das Alte nicht richtig verabschieden, weil wir das Neue erwarten – können uns aber auch auf das Neue nicht richtig einlassen, weil wir noch am Alten hängen.

Auch in der Corona-Pandemie sind wir sozusagen zwischen verschiedenen Zeiten, verschiedenen Phasen: Die Einschränkungen machen uns zu schaffen – und wir sehnen uns nach der Zeit „vor Corona“. Gleichzeitig werden die Einschränkungen gelockert – ein Silberstreif am Horizont. Doch wie wird sie werden, die Zeit „nach Corona“? Welche Weichenstellungen werden getroffen und vom wem? Werden die Kräfte des Alten und der Beharrlichkeit die Oberhand behalten oder kann Neues wachsen?

Hören …

In diesen Zeiten bekommt das „Hören“ eine besondere Bedeutung – das Hören, das dem Denken und Handeln vorausgehen sollte.

„Höre, ´Ewige`, mein lautes Rufen, neige dich zu mir! Antworte mir!“
(Psalm 27, Vers 7, Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache)

Die Bitte an Gott, mich zu hören, mir Zuneigung zu erweisen, kann da hilfreich sein: Ich bin nicht allein, sondern ich habe ein Gegenüber.

Zu der Bitte an Gott gehört aber auch die Bereitschaft, auf ihn, auf seine Worte zu hören.

Am heutigen Sonntag Exaudi (Höre!) hören wir Zusagen, die Gott seinem Volk durch den Propheten Jeremia macht:

„Ich werde meine Weisungen in ihr Inneres legen, in ihr Herz werde ich sie schreiben. Ich werde ihnen Gott und sie werden mir Volk sein. (…) Sie alle werden mich kennen, alle von Klein bis Groß – so Gottes Spruch. – Denn ich werde ihre Vergehen verzeihen und an ihre Unrechtstaten nicht mehr denken.“
(Jeremia 31, Verse 33-34, Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache)

Auf Gott zu hören, das bedeutet auch, sich bewusst zu machen, dass diese Zusagen vor allem seinem Volk Israel gelten, dass sie aber auch uns gelten, die wir mit in die Verheißungen hineingenommen wurden.

Zwischenzeiten: Auch unser Glauben hängt noch am Alten, von dem wir uns verabschieden sollten: an Geboten und Verboten, an bestimmten moralischen und kirchlichen Vorstellungen, die uns und unseren Glauben eher behindern als befördern.

Gottes neue Beziehung zu uns

Gott sagt seinem Volk, sagt uns eine neue Beziehung zu, in der er uns Gott und wir ihm Volk sind. Diese Beziehung können wir unsererseits nicht beenden.
Sie ruht auf einer besonderen Gabe Gottes auf: jeder Mensch kennt Gott. Denn er hat seine Weisungen in unser Herz gelegt. Damit bestimmen sie nach dem Verständnis des Ersten Testamentes unsere Vernunft und unseren Willen.
Alle kennen Gott, denn er hat uns alle Vergehen verziehen, die wir getan haben. Das bedeutet: nichts ist mehr da, das uns von Gott trennen kann.

Zeitenwende. Es fällt uns schwer, die alten Zeiten zu verabschieden und das zu lassen, was uns von Gott trennt. Deshalb können wir uns auch nicht auf das Neue einlassen, das da am Himmel erscheint: Gottes neue Welt.
Aber manchmal spüren wir dieses Neue. Gottes Geistkraft verleiht uns dann Flügel, sodass wir uns für einen Augenblick über das Alte erheben, es mit Abstand betrachten können. Und das gibt uns Kraft auf unserem weiteren Weg – hin zu dem Neuen.

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