Als Gott nach längerer Zeit wieder nach Hause kam, war es richtig gutes Wetter. Als erstes riss er die Fenster sperrangelweit auf, um sein Häuschen gut zu lüften.
So beginnt eine Erzählung des Komikers und Clowns Herman van Veen.
Vor dem Essen wollte sich Gott dann noch kurz die Beine vertreten und lief den Hügel hinab in das Dorf. Doch das hatte sich während seiner Abwesenheit verändert. In der Mitte stand ein riesiger Klotz mit einer Kuppel und einem langen Pfeil, der nach oben zeigt.

Gott kommt in eine Kirche …

Er war neugierig und rannte hinab, dann eine riesige Treppe hinauf und befand sich in einem „unheimlichen, nasskalten, halbdunklen, muffigen Raum“, in dem es merkwürdige Bilder gab mit Menschen „mit Reifen über dem Kopf.“
In diesem Raum waren viele Männer mit schwarzen Kitteln, die schwere Bücher mit Mühe schleppten. Diese Bücher rochen selbst aus einiger Entfernung leicht modrig.
Einen dieser Männer fragt er, was das für ein Gebäude sei. Der sagt ihm: „Das ist eine Kirche. Das ist das Haus Gottes.“

„Wenn das hier
das Haus Gottes ist …“

Gott fragt zurück: „Wenn das hier das Haus Gottes ist, warum gibt es dann keine blühenden Blumen, kein frisches Wasser und warum sieht man hier keine Sonnenstrahlen?“
Gott fragt ihn noch, ob viele Leute hier her kommen. Der Mann sagt, dass es in der letzten Zeit weniger geworden wären.
Eine witzige und doch auch hintergründige Erzählung.

Veränderte Wahrnehmung…

Denn wie wirken Kirchen auf jemanden, der so etwas nicht kennt – oder dem der Glauben fremd geworden ist? Wie wirkt die Botschaft der Bibel: frisch und lebendig oder angestaubt und leicht modrig? Und wie wirken wir, nicht nur die Menschen, die in den Kirchen Ämter innehaben, sondern auch die Menschen, die als Getaufte selbst für den Glauben einstehen können und sollen?

… kann zu Perspektivwechseln führen.

Dies sind Fragen, auf die es keine pauschalen Antworten geben kann. Vielmehr können sie unseren Blick in eine bestimmte Richtung lenken und so möglicherweise zu einem Perspektivwechsel führen.

Veränderte Bedingungen durch Corona

Einen solchen – wenn auch eher unfreiwilligen – Perspektivwechsel haben wir durch die Corona-Pandemie erlebt: Viele Kirchen sind zu eng, als dass wir unter diesen Bedingungen gut Gottesdienste feiern könnten. Und so feiern wir in den Dörfern zur Zeit überwiegend Gottesdienste im Freien, in Gottes schöner Natur mit frischer Luft, strahlender Sonne Blumen, Vögeln und Insekten. Aber leider auch ohne Gesang.
Vielleicht verändert dieser Perspektivwechsel uns, wenn wir uns gegenseitig von unserem Glauben, von unseren Erfahrungen mit Gott erzählen, wenn Gottes segensreiche Zusagen unter uns Gestalt gewinnen.

Gott wohnt in der Nähe

„Wenn das hier das Haus Gottes ist …“ – vielleicht verändern sich dadurch dann auch die Gottesdienste, die wir irgendwann wieder in den Kirchen feiern. Vielleicht werden sie dann lebendiger, anders. Und vielleicht wird dann ganz neu deutlich: Kirchen können uns helfen, unsere Gedanken zu sammeln. Kirchen nehmen uns hinein in die Geschichte Gottes mit uns Menschen, vor allem in die Geschichte Gottes mit den Menschen, die vor uns in diesen Kirchen in den Dörfern gesungen und gebetet haben und denen, die nach uns in diesen Kirchen singen und beten werden.

Und: Kirchen weisen über sich hinaus: Der Pfeil, der nach oben zeigt, der Turm, richtet unseren Blick symbolisch zum Himmel als der Wohnstatt Gottes. Und Kirchen weisen aus sich heraus in die Dörfer, wo wir wohnen, zu den Menschen, mit denen wir leben. Und vielleicht wohnt ja Gott in einem Häuschen ganz in der Nähe.


Impuls: „Wenn das hier das Haus Gottes ist …“
von Pfr. Kai Uwe Schröter
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments