Schafe sind intelligente Tiere, auch wenn Forschung und Volksmund lange Gegenteiliges behauptet haben.

Im Israel zu biblischen Zeiten hatten Schafe eine große Bedeutung. So waren Bilder von Hirten und ihren Schafen den damaligen Menschen vertraut und konnten auch zur Veranschaulichung für das Verhältnis von Gott zu uns Menschen herangezogen werden. Diese symbolische Bedeutung haben Hirte und Schafe bis heute: In vielen Gegenden wird der Pfarrer auch als Pastor, als „Hirte“ bezeichnet. Und das Bild von Gott als älterem Herrn mit langem Mantel, Hirtenstock und einem Schaf auf der Schulter hat die Vorstellungen von Menschen durch die Jahrhunderte geprägt.
Das wird deutlich am Bild von Gott, der mich als mein Hirte zu grünen Auen und frischem Wasser führt, wie es im 23. Psalm heißt. Dieses Bild hat Menschen über Jahrtausende Trost und Kraft gegeben.

Und doch: wie ist es um die Schafe, wie um die Herde – wie ist es um uns bestellt? Schnell kommt da der Gedanke, dass die Herde dem Hirten blindlings folgen muss, dass ein Abweichen des vorgegebenen Weges Gefahr und schlimmstenfalls den Tod bedeuten kann. Auch der Begriff „lammfromm“ zeigt, worauf es beim Glauben vermeintlich ankommt: naiv sein wie ein Lämmchen und einfältig vertrauend…

Doch ist das wirklich so?
Der Sonntag dieser Woche wird auch der „Sonntag vom guten Hirten“ genannt. Und ein Wort Jesu begleitet uns durch diese Woche:
Er sagt:

„Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“
(Johannes 10, Verse 11+27+28)

„Meine Schafe hören meine Stimme …“ Doch wie hören wir sie heute? Wo hören wir sie?

Ja, noch weiter gefragt: Welche der vielen Stimmen, die wir vernehmen, ist die Stimme des guten Hirten? Und welche die des Versuchers, der uns vom richtigen Weg abbringen will?
Die Schafe auf einer Weide kennen ihren Hirten – sie können sich Personen und Gesichter über Jahre merken. Und sie erkennen den Weg, den ihr Hirte mit ihnen gehen will.

Wie erkennen wir unseren „Hirten“? Wie erkennen wir den Weg?
Meines Erachtens brauchen wir dafür zweierlei:
Zum einen: Wir brauchen die Gemeinschaft mit anderen: das gemeinsame Singen und Beten, Loben und Trauern, Hören und Antworten. Wir brauchen auch das Gespräch miteinander, das uns bereichert und uns vor möglichen Irrwegen bewahrt – eine Gemeinschaft, die wir derzeit auf neuen, ungewohnten Wegen erleben, beispielsweise bei gemeinsamen Gebetsangeboten im Internet.
Zum anderen: Wir brauchen das Vertrauen, dass unser Suchen uns zum Ziel bringt, das wir die Stimme des guten Hirten hören können – weil er uns kennt, weil er uns anspricht.

Wenn wir in diesem Vertrauen hinhören und handeln, dann haben wir Kraft auch in schwierigen Zeiten wie der gegenwärtigen, in der uns die vertraute Gemeinschaft fehlt, die uns bestärkt und hilft.

Übrigens: Wer Schafe auf einer Wiese beobachtet, wird von der Ruhe, die sie ausstrahlen angesteckt – hier können sie uns ein gutes Vorbild sein.

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