Kann man mir ansehen, in welcher Kirchenjahreszeit wir gerade leben?

Sicherlich kann man mir ansehen, wie es mir gerade geht – zumindest, wenn man mich etwas kennt. Aber die Kirchenjahreszeit? Wie sollte das aussehen?
Und doch: Wir leben in der österlichen Freudenzeit. Sollte ich da mit hängenden Schultern durch die Welt laufen? Wie klingt dann ein „Freuet Euch, Christus ist auferstanden“?
Auf der anderen Seite: Wie wirkt in diesem Jahr die Botschaft von der Auferstehung angesichts einer Pandemie, die schon weit über ein Jahr dauert und dazu führt, dass weite Teile unseres privaten und gesellschaftlichen Lebens heruntergefahren werden, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen – und das mit wenig Erfolg, wie es derzeit den Anschein hat?

Freude weitergeben?

Wie kann ich die österliche Freude weitergeben, ohne dass sie zu einem „billigen Trost“ (D. Bonhoeffer) wird, zu einer Vertröstung, die doch nicht hilft?
Um es gleich zu sagen: Ich habe da keine Lösung, schon gar kein Patentrezept. Bei allem, was ich schreiben will, meldet sich schnell ein „Aber“.

Wäre es also besser, zu schweigen und nichts zu schreiben? Auch das kann es nicht sein.

Der Freude Raum geben

Ich bin der festen Überzeugung, dass die österliche Freude hier in der Welt ist. Unsere Aufgabe ist es, dieser Freude den Raum zu geben, sodass sie auf uns überspringen kann.
Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten und Wege; was einem selbst dabei hilft, sollte jede und jeder für sich erkunden.

Ich bin kürzlich auf interessante Hinweise gestoßen, die einen möglichen Weg aufzeigen können. Dabei ging es um die Haltung, die wir (bewusst oder unbewusst) einnehmen: sie kann ein Ergebnis dessen sein, was wir erlebt haben. Aber mit unserer Haltung strahlen wir auch etwas aus: Sind wir pessimistisch gestimmt, laufen wir eher langsam und unsicher und mit hängenden Schultern. Sind wir eher optimistisch eingestellt, gehen wir aufrecht, schwungvoll und geradlinig.

Wir signalisieren damit nicht nur etwas für andere – es hat auch Folgen für uns. Und zwar nicht nur dadurch, dass meine Mitmenschen mir anders begegnen, wenn ich Pessimismus ausstrahle, als sie mir begegnen würden, wenn ich optimistisch daherkomme. Es geht noch weiter: Wenn ich die Füße nicht hebe, sondern schlurfe, bin ich empfänglicher für negative Gedanken und Erlebnisse und kann sie mir besser merken. Gehe ich aber locker voran, kommen positive Erlebnisse besser bei mir an und bleiben in mir haften.

Steht diese Erfahrung hinter der Aussage und Bitte aus dem 121. Psalm: Ich richte meine Augen nach oben…“ ?

Freude bringt mich in Bewegung

Wenn ich der Freude Raum gebe, kann sie auf mich überspringen. Und – im Bild gesprochen – die Freude braucht weiten Raum, der unter hängenden Schultern eher nicht zu finden ist.
Wenn die Freude auf mich überspringt, kann sie mich entfachen, antreiben, voranbringen.

Seit Anbeginn ihrer Geschichte mit Gott haben Menschen die Erfahrung gemacht: Die Freude hat eine große Kraft, ist unwiderstehlich. Ich bin eins mit mir – und mit Gott. Ich erlebe Stück Himmel auf Erden, erlebe Gottes neue Welt in meinem „alten“ Leben.
Doch zu unserem irdischen Leben gehört auch, dass solche wunderbaren Momente nur Momente sind und nicht von Dauer.
Aber sie haben eine Sehnsucht in mir entfacht, die mich in Bewegung bringt.

So, wie uns von zwei Menschen in der Bibel erzählt wird: Sie waren unterwegs. Plötzlich gesellte sich jemand zu ihnen, doch sie waren niedergeschlagen und hatten keinen Blick für ihn. Dann, auf einmal, öffnete sich der Himmel und sie erkannten ihn: Jesus. Doch im gleichen Moment verschwand er vor ihnen.
Der Moment hat sie verändert: Sie erkannten, wie gut ihnen seine Worte getan hatten. Und sie erzählten anderen von ihren Erlebnissen und ihrer Freude.

Der Freude Raum geben – wir können anderen von unseren Erlebnissen erzählen: das kann anderen zur Freude helfen. So kann auch in uns die Freude wachsen.

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