Ganz schön mutig sind sie: Schifra und Pua, zwei Hebammen.
Sie lebten zu der Zeit, als die Hebräer, Vorfahren des Volkes Israel, vor gut 3.000 Jahren Sklavinnen und Sklaven in Ägypten waren. Das Volk wuchs und der Pharao bekam Angst und fragte sich: „Was ist, wenn sie sich gegen mich erheben?“ Er verschärfte die Arbeitsbedingungen erheblich, doch ohne Erfolg.
So sah er schließlich nur eine Möglichkeit, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Er ließ die beiden Hebammen Schifra und Pua zu sich kommen und gab ihnen eine Anweisung:

„Wenn ihr bei der Geburt eines hebräischen Kindes helft. Dann achtete als erstes darauf, ob es ein Junge ist oder ein Mädchen. Wenn es ein Sohn ist, so tötet ihn; ist’s aber eine Tochter, so lasst sie leben.“
(2. Mose [Exodus] 1, Vers 16)

Welch ein Befehl des Pharao! Sie, die Hebammen, sollten nicht Leben zur Welt bringen sondern Leben beenden!
Die Hebammen standen vor der Entscheidung: Entweder sie befolgen diesen schlimmen Befehl oder sie riskieren ihr eigenes Leben.

Kaum Handlungsspielraum

Wie hätte ich in dieser Situation gehandelt?
Beim Nachdenken über diese beiden Möglichkeiten kamen mir Sätze in den Sinn wie „Wenn ich es nicht mache, machen es andere“, oder auch: „Vielleicht kann ich Schlimmeres verhindern, wenn ich es mache und versuche zu retten, was noch zu retten ist.“
Aber es bleibt doch die kritische Frage, ob ich nicht mit solchen Aussagen nur meine Haut retten will und mir selbst dabei sogar etwas vormache.

Passionszeit – Nachdenken über das, was mich bewegt

Das Nachdenken über diese Möglichkeiten kann zum Nachdenken über mich selbst und mein Handeln anregen. Das ist auch der Sinn der siebenwöchigen Passionszeit, in der wir gerade leben.

„Sieben Wochen ohne…“ lautet die Fastenaktion der evangelischen Kirchen in der Passionszeit. In diesem Jahr geht es um das Thema „Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden.“
In dieser Woche geht es um das NEIN!-Sagen.

Ein NEIN! kann Spielräume eröffnen

Welche Spielräume eröffnen sich mir, wenn ich NEIN sage zu den Zwängen und Ansprüchen um mich herum?

Manchmal ist das ganz einfach: Ich brauche mir eine bestimmte Angewohnheit nur bewusst zu machen – und damit habe ich sie fast schon abgelegt.

Aber meistens ist es doch schwerer: Da stehe ich mir selbst im Weg. Dann merke ich, dass mir ein bestimmtes Verhalten nicht gut tut. Aber die Angst vor dem, was kommen könnte, ist größer als die Kraft zur Veränderung. Und so bleibe ich dann in meinem alten Trott, in dem ich mich halbwegs eingerichtet habe.

Und noch schwerer wird eine Veränderung, wenn andere Personen zusätzlich ins Spiel kommen:

  • wenn mir die Partnerschaft, Ehe oder Familie die Luft zum Atmen nimmt,
  • wenn die Chefin oder der Kollege immer noch mehr von mir verlangt,
  • wenn jemand mir ein schlechtes Gewissen macht, weil ich mich nicht noch mehr um die kranke Mutter oder den hilfsbedürftigen Onkel kümmere, obwohl ich doch schon mit meiner Kraft am Ende bin.

Ist es da nicht besser, nachzugeben, als zusätzliche Konflikte einzugehen?

Passionszeit – Nachdenken über den, der mich bewegt

Die beiden Hebammen Schifra und Pua sind einen anderen Weg gegangen. In der Bibel heißt es:

„Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten ihnen gesagt hatte, sondern ließen die Kinder leben.“
(2. Mose [Exodus] 1, Vers 17)

Der Pharao bekommt das mit und stellt sie wegen ihres Verhaltens zur Rede. Sie antworten ihm:

„Die hebräischen Frauen sind nicht wie die ägyptischen, denn sie sind kräftige Frauen. Ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie geboren“
(2. Mose [Exodus] 1, Vers 19)

Ganz schön mutig sind die beiden Hebammen. Sie finden eine Lösung aus dieser verzwickten Lage, weil sie nicht abwägen und überlegen, wie sie am besten aus dieser Situation herauskommen. Sie haben einen anderen Grund für ihr Handeln: „Sie fürchteten Gott“ heißt es in der Bibel.

Das Nachdenken über die beiden Hebammen konnte uns neue Spielräume eröffnen, denn:

„Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang. Wahrhaft klug sind alle, die danach tun.“
(Psalm 111, Vers 10)

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