Es gibt diese Momente, da läuft alles gut.
„Ich habe einen Lauf“ – sagt man dann von sich.
Oder auch: „Ich habe Rückenwind.“
Ein schönes Gefühl kann das sein – so getragen, so sicher unterwegs zu sein.

Und doch bleibt eine Ambivalenz:
Vielleicht ist es gar nicht der Rückenwind, der mich vorantreibt? Es kann auch sein, dass mein Weg bergab geht – im doppelten Wortsinn.

Das Volk Israel auf dem Weg ins gelobte Land

Und damit sind wir bei Bileam – und damit vor ungefähr 3.200 Jahren.

Gott hatte das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten befreit.
Nun war es 40 Jahre durch die Wüste gewandert. Die 40 Jahre stehen hier symbolisch für einen Generationenwechsel: Keiner, der die Sklaverei miterlebt hat, wird das gelobte Land betreten. Der Neuanfang soll nicht durch die Erinnerungen und Erfahrungen beschwert werden.
Das Volk zieht unter der Leitung des Josua in das gelobte Land und will es in Besitz nehmen. Doch in dem Land leben schon Menschen, und die sind alles andere als begeistert von diesem Vorhaben, zumal das nicht immer friedlich vonstatten ging.

Balaks Auftrag an Bileam

Das erlebt auch Balak, der König von Moab. Er bekommt es mit der Angst zu tun angesichts dieser Bedrohung.
Deshalb schickt er eine Abordnung zu Bileam, einem Propheten: Er soll die Israeliten verfluchen.
Bileam überlegt eine Nacht – dann sagt er ab.

Eine neue Abordnung aus Moab kommt und Bileam fragt Gott nochmals. Der lässt ihn jetzt ziehen unter der Bedingung, dass Bileam nur das sagt, was er, Gott, ihm einflüstert.
Uns so sattelt er seine Eselin und zieht los.

Eine Reise mit Hindernissen

Hatte Gott ihm das wirklich gesagt? Oder hatte er sich das nur eingebildet?
Wie dem auch sei: Bileam ist unterwegs.

Plötzlich bockt die Eselin und weicht vom Weg ab auf ein angrenzendes Feld. Bileam wird böse und schlägt sie.
Eine Weile später – möglicherweise hatte Bileam schon nicht mehr an das Erlebte gedacht, wird der Weg durch die Weinberge enger. Plötzlich weicht die Eselin wieder vom Weg ab und drückt sein Bein gegen eine Steinwand. Bileam schlägt sie wieder.
Noch etwas später bleibt die Eselin plötzlich stehen und geht in die Knie. Bileam ist außer sich vor Wut und schlägt noch heftiger auf die Eselin ein.

Die Wut des Bileam

Da fängt die Eselin auf einmal an zu sprechen. Sie fragt ihn, warum er sie schon zum dritten Mal schlägt. Bileam scheint nicht weiter überrascht zu sein, dass sein Tier auf einmal sprechen kann. Bockig sagt er ihr, dass sie ihn wohl zum Narren halte. Und er ergänzt: „Hätte ich ein Schwert dabei, dann hätte ich dich jetzt schon umgebracht!“ (4. Mose [Numeri] 22, Vers 29; EÜ).

Puh. Welch ein Ärger, welch eine Wut, die blind zuschlagen würde, wenn sie könnte.
Was mag in Bileam vorgehen?

Die Eselin öffnet Bileam die Augen

Erstaunlich ruhig fragt ihn die Eselin, ob sie ihn nicht all die Jahre treu und brav getragen hätte, ohne dass je etwas vorgefallen wäre.
Bileam muss ihr recht geben.

Ja, Bileam scheint zurück in die Realität zu kommen. Die Fragen der Eselin und das Nachdenken öffnen ihm die Augen.
Und auf einmal sieht er, wie blind er die ganze Zeit gewesen war. Da steht ein Engel Gottes vor ihm mit einem Schwert in der Hand.
Ein Engel wie der, den Gott aufgestellt hatte, damit weder Adam noch Eva noch sonst jemand den Weg zurück ins Paradies gehen kann.
Der Engel sagt zu Bileam: Du lebst nur noch, weil Deine Eselin so aufmerksam war und dreimal ausgewichen ist: Du wärst mir ins offene Schwert gelaufen!

Und der Engel ergänzt:

„Ich bin dir als dein Widersacher in den Weg getreten, weil der Weg in meinen Augen abschüssig ist.“
(4. Mose [Numeri] 22, Vers 32 EÜ)
Habe ich Rückenwind – oder geht es bergab?

Meinte Bileam, er hätte Rückenwind? Meinte er, Gott hätte ihm den Segen zu seiner Reise gegeben?
Zumindest ist er losgezogen. Und das war in den Augen Gottes die falsche Entscheidung. Gott war zornig und schickt jemanden, der sich ihm entgegenstellt.
Und doch braucht es schon eine sprechende Eselin, um Bileam von seinem Weg abzubringen, bei dem es mit ihm bergab ging.

Bin ich getragen? Habe ich Rückenwind? Oder komme ich so gut voran, weil es bergab geht – mit mir?

Bileam wurde von seiner treuen Eselin ausgebremst. Er musste innehalten und auf einmal erkannte er, dass er unterwegs war auf dem falschen Weg.
Danach hat er den Weg fortgesetzt. Doch er hat das Volk Israel nicht verflucht, sondern im Namen Gottes gesegnet.

Manchmal muss Gott zu drastischen Mitteln greifen, um uns die Augen zu öffnen für den richtigen Weg.

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